Spiegel, Blitzlicht, Küche

 


Myriam, Buback Tonträger

 


Christian Mevs (Mitte) am Feinschliff

 


Christian Mevs, Produzent, Ex-Punker

 


Selbstportrait

 


Peta Devlin, Studioassistenz und Cheffin bei "Cow"

 


Greg D. beobachtet die Börsenkurse

 


Martin aus Erlangen

 


Cpt. Mevs

 


Am Hafen I

 


Am Hafen II

 


Hamburgs schönster Biergarten

 


Ghetto (Blick aus Mevs Küche)

 


Tocotronic vs. AromA



 

[Popinternat]

Markus Mehr´s
Studio-Tagebuch 2

Sonntag 14.5.00

Abfahrt mit der deutschen Bundesbahn Richtung Hamburg, Pladde fertig machen! Kind im Abteil - und dieses Kind ist wieder mal ein richtiges Arschloch. Angekommen in HH gibt´s direkt die nächste Überraschung. Kausche hat die Kohle eingesackt und jetzt das Türschloss ausgetauscht. Muss man erst mal machen! Ich schlafe heute also bei Christian Mevs, der geht gegen 1.00 Uhr ins Bett, ich gehe in den Pudel. Noch ein netter Plausch mit Mense und gegen 3.00 Uhr wieder zurück nach Altona, wo Christian wohnt. Buona Notte.

Montag 15.5.00

Aufbau! Christian macht die Technik, ich die Deko! „Never Ever“ bekommt ein neues Mäntelchen.
Pop! Prinz of Pauli! Den Großteil des Abends verbringe ich am Hafen, bei sagenhaften Temperaturen.
Im Pudel trifft man jede Menge Menschen, z. B Hakan aus Augsburg. Zwischendurch melde ich mich mal kurz bei Rocko am Handy. Der ist gerade live auf der Bühne in Mainz und ich bekomme einen kurzen aber herzlichen Szenenaplaus! Da es nicht wirklich paßt, beenden wir nach kurzer Zeit unser Telefonat. Als ich nach Hause komme, ist aus dem Abend schon wieder ein Tag geworden.

Dienstag 16.5.00

... jetzt kommt der Euphorie-Turbo ins Spiel. Wir sind am Feinschliff und nehmen hier und dort noch ein paar Ideen auf („Never Ever“, „Move Your Body“, „Close To Ice“) und das macht nochmal richtig bock! Im Privatbereich sieht´s so aus, dass ich in Peta´s („Die Braut haut ins Auge“) „WG“ einziehe und mich gleich am ersten Abend mal so richtig „WG-mäßig“ in der Wohnküche festlabere. Super nett alles!

Mittwoch 17.5.00

Von nun an wird gemischt! Mischen ist für den Außenstehenden stocklangweilig und uninterresant zu erzählen. „Move Your Body“ ist der erste Kandidat. Klingt alles schon mal fett, nur ob´s mir gefallen tut, kann ich noch nicht sagen. Am Abend geh´ ich „Zum lustigen Pudel“ ...das war´s.

Donnerstag 18.5.00

„Move Your Body“ wird weiter gemischt - irgendwie wird das alles riesig, aber irgendwie auch nicht.
Irgendwas stört, wir werden´s schon noch herausfinden. Am Abend gehe ich mit Christian in eine Galerie namens „Galerie 88“ in der „Die Braut haut ins Auge“ eine Ausstellung verschiedener Band-/Tour-Utensilien eröffnet. Sehr lustig und charmant, eine Band so aufzulösen. Ich erinnere mich an meine...
Irgendwie ist bei mir schon wieder was im Anmarsch, ich bin total gaga und mach mich zeitig vom Hof. Nach ein paar Seiten in “KLF´s“ Handbuch schlummere ich schon im Futton.

Freitag 19.5.00

Letzter Gig der „Braut“. Markthalle ausverkauft! Mörder Konzert! Zweieinhalb Stunden, ich glaub´ ich werd nicht mehr... Das Backstagegedöhns ist nicht so meines und deshalb ziehe ich weiter zur „Aftershow-Party“ der „Sportfreunde Stiller“ (...auch auf Motor, sonst keinen Bezug). Die Band kann ich zwar nicht entdecken, dafür ist ein erheblicher Teil der Motor-Mannschaft da und fast ausnahmslos stramm. Irgendwann hat die Sache zu viel „After“ und ich wuppe nochmal ´rüber zur ultimativ letzten Party der „Braut“. Da geht auch einiges mit Alkoholika... Die Sonne geht auf, es regnet in strömen, ich fahre nach Hause. Ach ja, im Studio waren wir auch, tagsüber, „On & On“ gemischt, fett!

Samstag 20.5.00

... leicht verkatert und sonst wenig zu erzählen. “No Reply“ ist unsere heutige Herausforderung. Es raschelt ordentlich und überhaupt, das Ding hat Zuch... Power Pop vom feinsten mit Abgehgitarre und hohem Durchmarsch-Fucktor. Nach der Arbeit geht´s ins Kino. „Mission To Mars“, bloß nicht reingehen... Gruß bis morgen.

Sonntag 21.5.00

Wir haben immer noch den Song von gestern in der Mache. Sonst gibt’s kaum Erzählenswertes.
Ich schmökere in der Bibliothek meines „Zimmer-Vermieters“ und greife zum Tagebuch Che Guevara´s, (das ist der Typ, dessen Konterfei immer auf den roten T-Shirts zu sehen ist). Selbst Che hat an manchen Tagen schlicht „Nichts Neues“ stehen. Genossen, gute Nacht.

Montag 22.5.00

Christian ist ernsthaft krank, wir brechen um 13.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit ab, meinem Rad bricht der Sattel ab, auf meiner Lamaccun ist Hammelfleisch, auf der Bank neben mir setzen sich zwei Fixer die Nadel - ich fühl mich scheiße! ... ist kein wirklich guter Tag.

Dienstag 23.5.00

Ich verlasse die WG und ziehe ab jetzt in ein kleines Hotel (... alles nur wegen „Kausche“ der Sau!)
Noch mal einen Tag frei. Ich treffe mich mit Max, einem gutaussehenden jungen Herren, der die vakante Stelle des Aroma-Gitarristen übernehmen könnte. Ansonsten abhängen im Hotel, dann zu „il Presidente“, einer alle zwei Wochen stattfindenden Motor- Veranstaltung in einem Club namens Rialto. “Meet and greet“ heisst so etwas im Fachchargon. Für mich ist es eher so´ ne Art „Wink and drink“. Eigentlich ganz angenehmes Ambiente, weil draussen... (Motor scheint mir eh eine partyfreudiges Völkchen zu sein). Ich verzieh´ mich gegen 0.00 Uhr und schau´ im Mojo Club vorbei, wo heute „Jurrasic 5“ „geile Styles“ kicken. Hip Hop Legenden aus U.S. of A., die so manchem Nachwuchs-Rapper zeigen, wo der Afro-Amerikaner den Most holt.

Mittwoch 24.5.00

Neuer Anlauf nach Christians Erkältung und erst mal ordentlich verzetteln bei „Destiny“. Ansonsten siehe Che Guevara...

Donnerstag 25.5.00

„Destiny“ ist ein einziger Kampf! Ich kapituliere, Christian beißt sich fest. Aus den Boxen tröpfelt irgend etwas, aber nichts was unsere Erwartungen erfüllt. Wir ziehens zwangsläufig durch, ich ahne jedoch, dass wir dieses Teilchen opfern werden (...hat eh einen der teuersten Samples). Geschäftsessen am Abend mit ein bisschen nach vorne denken und alles. Michael (Motor) nimmt mich mit in den gölden Püdel, wo ich mir aus Frust über den misslungenen Mix amtlich die Kirsche zuziehe. Ich nehme den Nachhauseweg in Angriff und bin eine Stunde später im Hotel (...kann man nüchtern auch in 35 Minuten schaffen!)

Freitag 26.5.00

Neuer Tag, neues Lied! „Me Myself....“ summt von Anfang an wie ein Bienchen, was nach der Orgie gestern ziemlich gut tut. Ein feiner Mix mit reichlich „Bacardi-Feeling“ bahnt sich da an. „Schwül, Baby“.
12.00 Uhr „Signing-Foto“ bei Motor (für das Branchenblättchen „Musikwoche“). Nach dem gestrigen Abend und meiner heutigen Optik wird sich die Branche da auf einiges gefasst machen... ich komm´ heute wohl eher etwas „rockich“ ´rüber. Auf dem Kiez sind heute Abend nur „St. Pauli Blödiane“, die den Verbleib des „Traditionsvereines“ in der 2. Bundesliga feiern. Unglaublich was da geht... Der einzige Ort an dem es sich aushalten lässt ist der... Scheinbar schmiere ich gesundheitlich jetzt auch ab und gehe deswegen bald wieder heimwärts - heute in den 35 Minuten.

Samstag 27.5.00

„Grooving“ wird wohl einer der fetten Songs auf dem Album, das merkt man schon zu Beginn des Tages. „Disco“ hält Händchen mit „House“ und beide schlendern auf den Pfaden großer Pop-Musik. Ich hab´ jedenfalls einen Heidenspaß damit. Um 21.00 Uhr geht´s zur Stechuhr. Die „Hanseatic Diamonds“ laden ein zu einem „Klassentreffen der Hamburgerschule“. DM 27,-- nimmt man an der Abenkasse, was sich später als eher frech herausstellen sollte. Verkrachte „Kiez-Tanzband-Mucker“ spielen Blumfeld/ Tocotronic-Songs etc. Es singen Horst Hrubesch und Engelbert, beide nach mehrjährigem Alkoholkonsum. Solariumsbräune, Fettwampen, Nackenmatten und Pornobalken sind bei diesen Witzbolden groß angesagt. „Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein“ bekommt zum ersten mal ein Gitarrensolo nach „Hotel California“-Art verpasst, usw. Grausam! Die ganze „Performance“, überhaupt der ganze Abend, ist lausig. Ich fühl mich elend und will hier weg.

Sonntag 28.5.00

„Grooving“ wird fertig und fett. Greg D. schaut für zwei Tage vorbei. Wir wollen zu „Deichkind“, die sind aber ausverkauft und somit ziehen wir weiter in Pudels Pinte nahe des Hafens. Musik und Stimmung sind heute so langweilig, dass mir die Zigarette ausgeht. Deshalb fahren wir noch in die Astra-Stuben, einem netten Club in dem heute Erobique auflegt (... ich sag mal Keyboard spielen kann er besser...). Trotzdem ein schöner Abend geworden. Als ich im Hotel ankomme, bemerke ich, dass ich wohl Wein getrunken habe. Nächtle´.

Montag 29.5.00

„Never Ever“. Ich sag nur soviel: groß! Christian, Greg und ich feiern diese „Errungenschaft“ beim Italiener. Danach noch ´a Weinderl in der „Mutter“ und dann Haiapupaia.

Dienstag 30.5.00

...noch bis zum frühen Nachmittag an „Never Ever“ gearbeitet und zum ersten mal denke ich über anstehende Grammy-Verleihungen nach: Best Pop Song, Best Newcomer, Best Album, Best Best-Ager etc. Die „Aromanie“ bricht aus... es gibt eine „Top-of-the-Pops-Sondersendung“ ... ich schweife ab.
Greg D. has just left the building, da erreicht mich ein Anruf: ... heute Abend „Geschäftsgrillen“ mit so Leuten aus dem „Bizz“. Monetär spielt man hier offensichtlich in der Championsleague, was sich bei mir im Konsum einer erstklassigen Flasche Weißwein niederschlägt. Alle geben sich begeistert, man spricht über die „Positionierung von Aroma“, über das richtige „Timing“ und mit welchen „Tools“...
Wir diskutieren über Musik und große Gefühle und im Laufe der Zeit habe ich ordentlich einen umhängen. Man schwärmt angenehm überdreht und am Ende dieses Tages fühle ich mich wie eine Kreuzung aus Burt Bacharach und den Pet Shop Boys... jetzt mal besser schlafen gehen!

Mittwoch 31.5.00

„Gimme“ ist schon wieder so ´ne Art Guerilla-Krieg . Musik kann so grausam sein. Entspannung muß her! Christian hat Karten für Michael Mittermaier und da gehen wir natürlich hin. Sehr spaßig. Hätte ich mir gar nicht so unterhaltsam vorgestellt. Danach chillen vor der Glotze und abratzen.

Donnerstag 1.6.00

„Discko Devil“ liegt auf der Festplatte. Viel Arbeit, viel Schweiß, das wird sich aber auszahlen. Single-Aspirant! Bin seit Tagen permanent wie stoned, werd´ aber auch nicht wirklich krank.
... später ein langweiliger Fernseh/Astra-Abend im Hotel. Freitag 2.6.00 Da haben wir den Salat! Fahrrad gestohlen, mein Nässchen läuft in Jahresbestleistung, aufkommender Zeitdruck und zu allem Überfluss auch noch höllische Zahnschmerzen. Danny d´ Amour kommt mit dem Love-Train - der einzige Lichtstrahl am bewölkten Gemütshimmel!

Samstag 3.6.00

„Would You Please Help Me, Baby“ (der Song passt ja jetzt wie Arsch auf Eimer!) wird entgegen meiner Verfassung verdammt gut. „Karstadt-Gitarre-meets-Schizo-Lyrics- meets-Up-Tempo-Beats-versus-Pedal-Steel-Sample“! Yes! ...da geht ja Einiges, digger ... immer noch Zahnschmerzen wie Sau!
Am Nachmittag zum Notzahnarzt (das übliche, schlecht gelaunte Riesenarschloch) - keine Besserung.
Den Abend verbringen Frau d´Amour und ich in der Uniklinik Eppendorf - ich hab´ `nen Mordsköttel in der Hose, aber nach zweieinhalb Stunden Wartezeit schickt mich der Doc (diesmal ein sehr angenehmer Typ) ohne irgend etwas gefunden zu haben nach Hause - toll!!! Im Knust sehen wir uns noch eine Band namens „Halma“ an, ansonsten geht bei mir heute rein gar nichts mehr.

Sonntag 4.6.00

Wegen der Zahnschmerzen bin ich permanent auf Chemo und filme eigentlich nur noch die Hälfte - alles weniger fett!!! Ich ziehe den Tag irgendwie durch und lege wie vereinbart in der „Mutter“ Pladden auf. „DJ Siegfried Roy“ zu Gast in der Hansestadt. Michael Bugmann teilt sich den Plattenteller mit mir und wir machen uns einen schönen Abend. Max schneit vorbei, ich hab´ einen im Tee und fahre im Morgengrauen nach Hause.

Montag 5.6.00, Dienstag 6.6.00, Mittwoch 7.6.00

Die heisse Zeit in Hamburg neigt sich dem Ende entgegen und nicht nur das Wetter wird kühler. Die Arbeit (wie sich später heraus stellen wird), die Christian und ich abliefern, klingt wie unsere Nebenhöhlen, verrotzt. Die Stimmung zwischen uns beiden ist wie unser Gesundheitszustand, labil und schwankend. Als Frust und Lagerkoller am Firmament zu erahnen sind, ist die Studiozeit vorbei. Ende August geht’s noch einmal für eine Woche ins Soundgarden um der Pladde den Hochglanz zu verpassen, den´s brauch´.

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